Schulnote drei minus für die Regierung

“Was uns in dieser historischen Stunde fehlt, ist der Mut zu Wahrheit.”, meint Edzard Reuter. © Foto: Timo Nagel

Deutschland kann nicht ohne Europa. Das ist eine der zentralen Botschaften des früheren Daimler-Vorstandsvorsitzenden Edzard Reuter.

TIMO NAGEL, Neue Württembergische Zeitung

GÖPPINGEN. Unter dem Motto “denk mal europäisch” hatte der SPD-Ortsverein am Montag zum Diskussionsabend in die Galerie Stepanek in Faurndau geladen. Ehrengast war der frühere Vorstandsvorsitzende der Daimler-Benz AG, Edzard Reuter.

Im Gespräch mit der SPD-Wahlkreiskandidatin Heike Baehrens sowie mit Tim Zajontz, einem Mitarbeiter der Europaabgeordneten Evelyne Gebhardt, erklärt Reuter leidenschaftlich, warum wir eine neue Vision von Europa brauchen. Bei solch hohem Besuch ist selbst die routinierte Heike Baehrens nervös. Sie verpasst Faurndau kurzerhand einen eigenen Gemeinderat, scherzt dann über ihr Versehen, und Edzard Reuter ist sichtlich amüsiert. Dann tritt er selbst vor den voll bestuhlten Saal und plädiert erst ruhig, dann zunehmend impulsiv für ein gemeinsames Europa . In diesen unruhigen Zeiten dürfe man nicht vergessen, dass Europa mehr sei als die Eurokrise.

An der jetzigen Bundesregierung lässt er dabei kaum ein gutes Haar. Merkel sei eine gute Handwerkerin und Machtpolitikerin, setze sich aber zu wenig für Europa ein. “Der deutschen Bundesregierung kann ich nur die Schulnote drei minus erteilen. Das ist nicht einmal mehr befriedigend”, sagt Reuter.

Was die Politik brauche, sei der Mut zu Wahrheit, findet der 85-Jährige. In solch unruhigen Zeiten komme man nicht umhin, Opfer zu bringen. Das wüssten alle Beteiligten, aber in der Regierung sei man nicht bereit, dies den Wählern ehrlich zu sagen und harte Entscheidungen zu treffen. Europa müsse gestaltet werden, auch aus bloßem Eigennutz heraus. “Die meisten Exporte gehen direkt an unsere europäischen Nachbarn. Es liegt daher in unserem Interesse, diese Wirtschaften zu stärken.” Das sieht auch der aus Brüssel angereiste Tim Zajontz so. Jetzt sei Europa noch ein Vorbild, das solle es auch bleiben. Reuter geht sogar noch weiter. Man müsse ernsthaft über die Vereinigten Staaten Europas nachdenken.

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